Traumata bei Pferden sind ein sehr komplexes Thema in der Verhaltenstherapie von Pferden. Es ist wichtig, dass Bewusstsein zu haben, dass es durchaus traumatisierte Pferde gibt, noch wichtiger ist jedoch, die "Diagnose" nicht inflationär zu stellen sondern konsequent von der Angst und Furcht vor etwas abzugrenzen. Denn nicht jedes Pferd, dass eine schlimme Erfahrung macht, wird durch diese automatisch traumatisiert. In diesem Blogbeitrag beantworte ich dir einige grundlegende Fragen rund um das Trauma.
Was ist ein Trauma?
Ein Trauma und Angst sind zwar miteinander verwandt, unterscheiden sich jedoch in ihrer Natur, Ursache und den Auswirkungen.
Ein Trauma resultiert aus einem extrem belastenden oder erschütternden Ereignis oder einer Reihe von Ereignissen, aus dem sich ein Pferd mit seinen natürlichen Mechanismen (Kampf oder Flucht) nicht befreien kann. Beispiele dafür sind schwere Unfälle und Misshandlungen. Ein Trauma ist eine tiefgreifende psychische Verletzung, die das Gefühl von Sicherheit und Stabilität beeinträchtigt und sowohl physische als auch psychische Schäden verursachen kann. Diese emotionale Hilflosigkeit wird durch Flashbacks in bestimmten Situationen immer wieder durchlebt.
Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der Angst und Furcht um natürliche Emotionen, die dem Pferd in der Natur das Überleben sichern.
Wie äußert sich ein Trauma?
Hochgradige Stress-Stituationen führen beim Pferd zu den natürlichen Schutzmechanismen Flucht, Kampf oder Erstarrung, mit denen es versucht, eine Situation für sich zu bewältigen. Konnte ein Pferd eine solche Situation nicht bewältigen, kann das Trauma dazu führen, dass es auf andere Verhaltensweisen zurückgreift und aggressiv reagiert, ganz aufgibt oder sich in sich kehrt. Nicht jedes Pferd mit einem Trauma zeigt dieses also extrovertiert und deutlich an. Die "passiven Bewältiger" haben gelernt, durch passives Verhalten Stresssituationen zu bewältigen und werden oft einfach als ruhige oder auch triebige Pferde wahrgenommen. Insbesondere die passiven Bewältiger profitieren davon, das natürliche Pferdeverhalten wie Neugier und die Selbstwirksamkeit zu fördern.
Welche Rolle spielt die Resilienz bei der Bewältigung eines Traumas?
Resilienz wird durch die Selbstwirksamkeit gestärkt und wirkt der erlernten Hilflosigkeit, die aus einem Trauma resultiert, effektiv entgegen. Im Training können einem Pferd kleine, gut zu bewältigende Herausforderungen gegeben werden, damit es wieder lernt, dass es sich selbst helfen kann.
Wie therapiert man ein Trauma?
Wie in der Humanpsychologie ist eine Konfrontationstherapie nicht immer hilfreich, wenn es darum geht, ein Trauma zu bewältigen. Der Aufbau von Resilienz erfolgt in kleinen Schritten, um die Angst und Furcht in einer Situation nach und nach abzubauen. Beim Verladetraining wird der Vorgang zum Beispiel in einzelne Bausteine zerlegt (Enge, Fixation, Isolation), die einzeln nacheinander mit dem Pferd bewältigt und wieder positiv aufgelöst werden. Wichtig dabei ist es, die Situation im Training dabei immer für das Pferd machbar zu gestalten.
Fazit
Nicht jede Angst und Furcht, die ein Pferd einer Situation oder einem Objekt gegenüber spürt, resultiert aus einer traumatischen Erfahrung. Schlechte Erfahrungen, die solche Reaktionen verursachen können, können mit dem richtigen Umgang in kleinen, auf das Pferd angepassten Schritten oft relativ problemlos wieder positiv überschrieben werden. Im Gegensatz dazu gestaltet sich der Umgang mit wirklich traumatisierten Pferden jedoch wesentlich schwieriger.
Der Begriff "Trauma" sollte meiner Meinung nach keinesfalls inflationär benutzt werden, wenn wir über Verhaltensauffälligkeiten beim Pferd sprechen. Nicht jeder Unfall oder Vorfall löst direkt ein Trauma aus. Dennoch sollte bei der Suche nach den Ursachen für Probleme auch in Erwägung gezogen werden, dass ein Trauma vorliegen könnte - und dieses an einer ganz anderen Stelle entstanden ist, als wir vielleicht im ersten Moment denken. Dazu benötigen wir Trainer das grundlegende Wissen um die Psyche des Pferdes, eine große Portion Empathie und ein feines Gespür, um Pferden die Hilfestellungen zu geben, die sie brauchen - ganz unabhängig davon, ob Angst und Furcht aus einem Trauma resuliteren, oder nicht.
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