Rückblick und Einblicke in meine Arbeit – 2. Quartal 2025
Im zweiten Quartal 2025 konnte ich erste Kurse rund um das Verhalten von Pferden in Stallgemeinschaften und Vereinen erfolgreich terminieren. Darüber hinaus durfte ich einige Pferdebesitzer:innen individuell begleiten – mit Beratung, Training und alltagsnaher Unterstützung.
Kurs-Schwerpunkte im dritten Quartal
Im Fokus der Kurse des dritten Quartals stehen das Lernverhalten von Pferden – sowohl theoretisch als auch praktisch – sowie Raumwahrnehmung und gezielte Bodenarbeitsübungen. Mit Blick auf das jeweilige Exterieur sowie mögliche „Baustellen“ entwickeln wir gemeinsam individuelle, sinnvolle Übungsansätze für jedes Teilnehmerpferd.
Besonders wichtig ist mir dabei: Jedes Pferd wird als individuelles Wesen betrachtet und erhält seinen eigenen, passenden Trainingsweg. Ziel ist, dass die Besitzer:innen bzw. Reitbeteiligungen die erarbeiteten Übungen selbstständig anwenden und die Reaktionen ihrer Pferde bewusst beobachten lernen. Gemeinsame Reflexion, Zielsetzung und das Erarbeiten eines individuellen Weges stehen im Mittelpunkt.

Einblicke in die Praxis
„Mister B.“ – Der herausfordernde Tinker
Ein besonders eindrücklicher Fall war „Mister B.“, ein sechsjähriger Tinker, der seine Besitzerin bereits mehrfach verletzt hatte (u. a. Arm- und Fußbrüche durch gezielte Tritte). Er zeigte sich sowohl im Offenstall als auch bei der Arbeit unberechenbar. Auf einem Trail-Lehrgang schlug er plötzlich aus – ein Vorfall, den die Besitzerin bereits erahnte und mit einer schnellen Reaktion verhindern konnte. Ihre frühere Ausbildung bei der Bundeswehr (Schnelligkeit, Körperbeherrschung) kam ihr dabei zugute.
Nach Sichtung eines Videos und einem ersten Kennenlernen konnten wir zielgerichtet an den Ursachen arbeiten. Hauptursache für das aggressive Verhalten war die unstrukturierte, hektische Energie der Besitzerin – vor allem in stressbelasteten Alltagssituationen. Wir entwickelten Übungen, mit denen sie gezielt in die Ruhe und Selbstwahrnehmung finden konnte.
Bereits nach einer Woche traten keine gefährlichen Situationen mehr auf. Die Besitzerin kann ihr eigenes Energielevel nun besser einschätzen und bewusster regulieren - ein enormer Schritt, den wir weiterhin begleiten.
"Mae" - die junge Stute und der Anhänger
Mae, eine vierjährige Warmblutstute mit dressurbetonter Ausbildung, weigerte sich nach Auswärtstrainings oder Turnieren konsequent, auf den Anhänger zu gehen. Sie war dabei nicht widersetzlich, sondern schlicht überfordert - es gab keine Minute ohne Anforderung wenn sie unterwegs waren.
Eine einfache, aber nachhaltige Lösung bestand darin, der Stute nach dem Training eine mentale Pause zu gönnen: 15 grasen, entspannen, sortieren, kauen. Alternativ erhält sie ein Heunetz am Hänger, bevor sie verladen wird - seither völlig problemlos.
"Sintonia und das Hallentor" - Angst, die ansteckt
Sintonia, eine 13-jährige Stute, zeigte beim Reiten am Hallentor deutliche Angstreaktionen: Kopf hochreißen, Ausbrechen, Umkehren. Auffällig war, dass dieses Verhalten nur mit der Besitzerin auftrat - nicht mit der Reitbeteiligung.
Gemeinsamen gingen wir der Ursache auf den Grund: Ein traumatisches Erlebnis durch einen Ball, der vor Jahren durch das Tor flog, hatte sich tief eingebrannt. Die Besitzerin reagierte seither mit unbewusster Anspannung auf äußere Reize - etwa vorbeifahrende Autos oder spielende Kinder. Die Reitanlage liegt direkt neben einem Sportplatz.
Wir wählten zunächst ruhige Zeiten für das Training und begannen mit Bodenarbeit in Tor-Nähe: Rückwärtsrichten, HH-/VH-Verschiebung, bewusste Kopffreiheit, Energiebeobachtung. Später ergänzten wir gymnastizierende Übungen mit Pylonen und Stangen. Die Angst wandelte sich langsam in mehr Selbstverständlichkeit und Vertrauen. Auch hier bleiben wir dran.
"Donni Luxe" - Die große Feine
Donni, eine große, zehnjährige Fuchsstute, wurde mir zur physiotherapeutischen Behandlung vorgestellt. Bereits beim ersten Kontakt zeigte sie sich skeptisch und sehr nervös. Der Weg zur Reithalle über den Hof sowie das anschließende Vorführen waren geprägt von starkem Ziehen und erheblichem Köpereinsatz des Besitzers. Der Umgang wirkte insgesamt grob, Donni stand sichtlich unter Anspannung, war auf "Habacht-Stellung" und wirkte eingeschüchtert.
Noch vor Beginn der Behandlung wurde deutlich: Sowohl der Besitzer als auch seine Frau hatten inzwischen Angst vor der Stute entwickelt. Sie berichteten von plötzlichem Losbocken, starker Widersetzlichkeit unter dem Sattel, Problemen an der Longe - Donni ziehe dabei nur nach außen - sowie von einem fast unkontrollierbaren Verhalten beim Weg zur Koppel. Da sie aktuell lahmte und zum Verkauf stand, wurde sie mir vorgestellt.
Da ich die gespannte, verunsicherte Energie der Besitzer deutlich wahrnahm, bat ich sie, kurz die Halle zu verlassen und mir die Stute zu übergeben - unter diesen Voraussetzungen war eine physiotherapeutische Arbeit nicht möglich. Ich bleib zunächst einfach ruhig neben Donni stehen, hielt Abstand und blieb bewusst entspannt. Nach ein bis zwei Minuten wagte ich einen Versuch: mit einer leichten Berührung vor dem Widerrist prüfte ich, ob sie den Kopf senken konnte. Anfangs zögerlich, folgte sie schließlich dem minimalem Druck am Halter, senkte den Kopf und schnaubte deutlich ab.
Mit feinster Körpersprache und kaum spürbarer Energie ließ sie sich sofort an der Hinterhand in beide Richtungen verschieben - ebenso an der Vorhand. Dabei ruhig und aufmerksam, aber nicht nervös. Auch rückwärts trat sie weich zurück. Bereits beim ersten Gehen passte sie sich meinem Tempo an und suchte von sich aus Kontakt.
Die Besitzer beobachteten die gesamte Sequenz von der Bande aus - und konnten unmittelbar nachvollziehen, wie stark sich das Verhalten der Stute veränderte, sobald man ihr mit Ruhe, Klarheit und feinen Signalen begegnete. Seitdem arbeiten wir gemeinsam drei Mal pro Woche am Aufbau von Vertrauen und an leiser, achtsamer Kommunikation - etwas, worauf diese große, aber sehr sensible Stute besonders gut anspricht.
Die Besitzer reflektieren ihr eigenes Verhalten im Umgang miteinander und bringen ihre Beobachtungen aktiv ins Training ein. Ob Donni letztendlich verkauft wird, bleibt offen. Doch deutlich ist bereits jetzt: Es sind die stillen, kleinen und unspektakulären Gesten, die bei ihr eine erstaunlich große Wirkung entfalten.

Fazit:
Ich liebe diese Arbeit mit den Pferden - mit all ihren individuellen Geschichten, Herausforderungen und Erfolgen. Mein Dank gilt auch dir, liebe Vivian, die Du mir diesen Weg noch weiter geöffnet und gefestigt hast.
